Cannabis gegen Schmerzen verschreiben lassen
Seit 2017 dürfen Ärzte Patienten mit schweren Erkrankungen und in Ermangelung alternativer Behandlungen medizinisches Cannabis (Cannabinoide) auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen verschreiben. Viele Schmerzpatienten haben hohe Erwartungen und große Hoffnungen auf Medikamente auf Cannabisbasis. Die Deutsche Schmerzgesellschaft weist darauf hin, dass Medikamente auf Cannabisbasis nur bei einem Bruchteil der Krankheiten mit spezifischen chronischen Schmerzen nachweislich helfen.
Cannabionoide werden aus der Hanfpflanze Cannabis sativa gewonnen. Das pflanzliche Cannabis enthält über 100 Inhaltsstoffe, darunter auch Cannabinoide. Ärzte dürfen Extrakte, künstliche Cannabinoide oder getrocknete Cannabisblüten (Hanf) verschreiben. Cannabisblüten haben sehr unterschiedliche Wirkstoffzusammensetzungen und ein Verdampfer ist für die Inhalation erforderlich. Wenn Cannabisblüten geraucht oder inhaliert werden, tritt die Wirkung schnell ein, vergeht aber auch schnell, was bei der Schmerzbehandlung nicht wünschenswert ist. Experten raten ausdrücklich von einer Selbsttherapie mit Cannabisblüten ab, da die Dosierungen ungenau sind und zu unerwünschten, schädlichen Nebenwirkungen führen können.
Cannabinoide können Schmerzen normalerweise nicht lindern, aber die Schmerzen werden weniger wahrgenommen und schmerzbezogene Schlafstörungen können sich verbessern. Es gibt keine Hinweise auf eine signifikante Schmerzreduktion von mindestens 50%.
Mögliche Anwendungsgebiete für cannabisbasierte Medikamente sind derzeit chronische Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen), Spastik (langfristige Muskelkrämpfe) bei multipler Sklerose und Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen bei Krebspatienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen.
Akute Schmerzen und Gewebeschmerzen wie Muskelschmerzen scheinen weniger auf Cannabinoide zu reagieren. Keine deutliche Verbesserung bei Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, rheumatoider Arthritis, chronischer Pankreatitis, Morbus Crohn, Torticollis und Reizdarm-Syndrom.
Die Therapie mit Cannabinoiden kann zu Nebenwirkungen im Gehirn führen, die sich in Form von Übelkeit, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel, trockenem Mund, Störungen der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung und des Denkens sowie Stimmungsschwankungen äußern können. Andere Nebenwirkungen sind Sucht, Beeinträchtigung der Gedächtnisfunktionen, Verwirrung, Gewichtszunahme, eingeschränkte Mobilität, Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und Apathie. Die bisherigen Studien beziehen sich auf kurze Behandlungszeiträume von einigen Wochen bis zu Monaten; die spezifischen Risiken einer Langzeitbehandlung sind weitgehend unklar. Eine Behandlung mit Cannabinoiden sollte vermieden werden, wenn bestimmte psychiatrische Erkrankungen wie Sucht oder Psychose mit der Schmerzstörung koexistieren, da die Risiken und Nebenwirkungen hier besonders hoch sind.
Bei medizinischen Zwecken sind Fahrfahrzeuge und Betriebsmaschinen vorübergehend eingeschränkt. Diese Einschränkungen treten insbesondere bei der erstmaligen Einnahme des Medikaments, während des Entzugs und je nach Dosis auf. Die kontinuierliche Verfügbarkeit des Arzneimittels muss gewährleistet sein, beispielsweise bei Auslandsreisen, da sonst Entzugserscheinungen auftreten können. Cannabis darf nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit gegeben werden.
Die Cannabinoide können nur im Einzelfall vom Arzt verschrieben werden. Der Antrag auf Kostenerstattung durch die Krankenkasse bedarf einer besonderen Begründung des behandelnden Arztes. Darüber hinaus muss der Patient bereit sein, an begleitenden Forschungsarbeiten teilzunehmen.
Cannabis ist kein Wundermittel. In der Schmerztherapie kann es derzeit nur bei Patienten mit schweren chronischen Nervenschmerzen eingesetzt werden, die auf keine andere Weise behandelt werden können. Sie sollten nicht als alleinige Maßnahme, sondern nur in Kombination mit physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Verfahren gesehen werden. Eine langfristige Therapie ist nur sinnvoll, wenn sie nachhaltig positiv wirkt. Es gibt jedoch noch nicht genügend Erfahrungen mit dem Erfolg und der Sicherheit einer Langzeitbehandlung.
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